Deutscher Titel: Jetzt sprechen die Pistolen · Regie: José Antonio de la Loma · Drehbuch: Edoardo Mulargia, Vincenzo Musolino · Musik: Felice Di Stefano · Kamera: Vitaliano Natalucci · Schnitt: Enzo Alabiso · Produktion: Atomo Films, Producciones Cinematográficas Balcázar.
* * *
López (José Calvo) sitzt im Rollstuhl, seit sein Erzfeind Donald McDougall (Armando Guarnieri) ihm eine Schussverletzung beibrachte. Nun hat López ihn in seine Gewalt gebracht. McDougall wird an einen Baum gebunden, dann geben López, sein Sohn Manuel (Hugo Blanco) und fünfzehn muchachos nacheinander einen Schuss auf ihn ab. Am Ende hängt McDougall von siebzehn Kugeln durchsiebt in seinen Fesseln.
McDougalls Sohn Steve (Anthony Steffen) ist bei der Kavallerie. Als er von den Ereignissen erfährt, desertiert er und kehrt in seine Heimatstadt zurück. Am Grab seines Vaters lauern ihm drei López-Männer auf, doch Steve schießt sie nieder. Im Haus der McDougalls leben noch seine Schwester Judy (Ida Galli) und Onkel Andy (ebenfalls Armando Guarnieri). Manuel López greift mit weiteren Männern das Haus an. Steve gelingt es, sie mit Andys Hilfe zurückzuschlagen. Später legt Steve Manuel auf offener Straße um und wirft dem älteren López den Leichnam seines Sohnes vor die Haustür. Er fordert López auf, innerhalb von zwei Tagen die Stadt zu verlassen.
López denkt gar nicht daran, sondern engagiert einen berüchtigten Killer, Gringo (Aldo Berti), der es mit Steve aufnehmen soll. Der trifft zunächst auf Gringos prahlerischen Bruder (Pasquale Simeoli), provoziert ihn zu einem Duell und erschießt ihn. López, der Boss eines Waffenschmuggelrings ist, schickt unterdessen einen Transport Gewehre in Richtung mexikanische Grenze los. Hier begeht Steve einen Fehler. Statt nach Hause zu gehen, hält er sich außerhalb der Stadt versteckt und überfällt den Waffentransport. Unterdessen dringt Gringo in das Haus der McDougalls ein, tötet Onkel Andy und nimmt Judy als Geisel.
Judy wird ins López-Anwesen verschleppt und von Gringo misshandelt. Steve muss wohl oder übel in die Stadt zurückkehren. Allerdings ist während seiner Abwesenheit ein Trupp Kavallerie unter Leutnant Driscoll (Willi Colombini) eingetroffen, der nach dem Deserteur sucht. Auch López ist längst nicht mehr Herr der Lage. In seinem Haus hat Gringo das Kommando übernommen, der seinerseits Rache für den Tod seines Bruders will ...
Perché uccidi ancora ist die erste Zusammenarbeit von Edoardo Mulargia und Vincenzo Musolino (bis 1967 sollten drei weitere folgen). Bei diesem Film verfassten Mulargia und Musolino gemeinsam das Drehbuch. Letzterer fungierte zusätzlich als Produzent. Außerdem heißt es, dass José Antonio de la Loma nur dem Namen nach Regisseur war, während tatsächlich Mulargia sich um die Regie kümmerte.
Sonderlich raffiniert waren Mulargias und Musolinos Filme weder in diesem Fall noch später, eher roh und einfach gehalten, aber bei Perché uccidi ancora fällt eines besonders auf – wie sehr darin alles auf das Wesentliche reduziert ist. Ausnahmslos alles dreht sich um die Feindschaft der Häuser López und McDougall, nach deren Gründen (außer rhetorisch im Titel) nicht gefragt wird. Es gibt keine erklärenden Flashbacks. Auch aus den Dialogen erfährt man nichts darüber, wie es eigentlich zu der Fehde kam. López, das ist klar, ist Waffenschmuggler. Aber McDougall? War er auch kriminell, oder ist er López auf anderen Wegen in die Quere gekommen? War er ursprünglich Angreifer oder Verteidiger? Man weiß es nicht, und es spielt letztlich auch keine Rolle.
Statt dessen konzentriert die Handlung sich auf die gegenwärtige Spirale der Gewalt. Auf jede Aggression der einen Seite folgt sofort eine noch härtere Reaktion der anderen Seite, eine pausenlos sich steigernde Eskalation. Selbst die Kavallerie kann nichts dagegen tun. Am Ende, als alles vorbei ist, bleibt ihr nur die Aufgabe, Steve einzusammeln und zurück zu seinem Stützpunkt zu bringen. Dort erwartet ihn vermutlich ein Kriegsgericht. Oft heißt es, im italienischen Western ginge es allen nur um ihren eigenen Vorteil. In diesem Film ist es genau umgekehrt: Niemand zieht irgendeinen Gewinn aus dem blutigen Schlamassel.
Es gibt nur zwei Subplots. Da ist einmal Pilar (Gemma Cuervo), die Tochter von López. Sie liebt Steve und will ihn bewegen, auf Vergeltung zu verzichten. Er weist sie mit barschen Worten zurück. Steve ist eine Art Michael-Corleone-Figur. Schließlich ist er beim Militär und könnte diese Position nutzen, um seine Familiengeschichte hinter sich zu lassen. Aber der Tod seines Vaters lässt ihn sofort nach Hause eilen, wo er sich in einen Blutrausch hineinsteigert, der selbst die sadistische Hinrichtung, die den Film eröffnet, noch in den Schatten stellt. Und Pilar muss sich fragen, ob es nicht Steve ist, der am meisten von allen Beteiligten zu fürchten ist.
Der andere Subplot betrifft Rojo (Pedro Sanchez), einen von López’ henchmen. Bei dem Mord an McDougall macht er nur zögerlich mit – aber er macht mit. Dennoch wird er von López als Feigling beschimpft. Später wird seine Haltung entschiedener. Er und Pilar sind die einzigen Figuren, die aktiv versuchen, den Kreislauf der Vergeltung zu unterbrechen. Rojo ist nur eine wenig entwickelte Nebenfigur, aber doch eine interessante frühe Rolle für Pedro Sanchez, der hier ausnahmsweise mal nicht den Clown geben muss.
Perché uccidi ancora hat einige unübersehbare Mängel. Es gibt mit dem Totengräber Sam (Franco Pesce) und seinem phlegmatischen Gehilfen (Franco Latini) zwei genretypische ›lustige‹ stock characters. Die hängen natürlich in praktisch jedem Italowesternstädtchen im Hintergrund herum und sind mal mehr, mal weniger unterhaltsam. Aber weil dieser Film sich sonst in jeder Hinsicht auf seine zentrale Handlung konzentriert (auf Rache folgt Gegenrache und wieder Rache), stören sie hier doch sehr. Irritierend ist auch Judy McDougall, die fast den gesamten Film über wie die personifizierte schluchzende Hilflosigkeit agiert. Zuletzt ist Anthony Steffen zu erwähnen, der seine Sache hier zwar ganz gut macht, aber eben im Rahmen seiner Fähigkeiten. Ich glaube, der Film hätte von einem Hauptdarsteller, der der Kamera mehr bietet als den einen Gesichtsausdruck, den man von Steffen kennt, enorm profitieren können.
Doch auch so ist Perché uccidi ancora, indem er Rache eher als Sucht denn als heroisches oder zynisches Unterfangen darstellt, ein interessanter, auf gewisse Art faszinierender Genre-Beitrag.
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