27.6.25

Die Goldsucher von Arkansas (1964)

Regie: Paul Martin · Drehbuch: Hans Billian, Herbert Reinecker, Werner P. Zibaso · Musik: Heinz Gietz · Kamera: Jan Stallich · Schnitt: Herbert Taschner · Produktion: Metheus-Film, Rapid-Film, Société Nouvelle de Cinématographie.

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Während der Dreharbeiten zu Die Flußpiraten vom Mississippi, 1963 in Jugoslawien, traf das Filmteam um Jürgen Roland zufällig auf eine Crew der Rialto, die zur gleichen Zeit den ersten Teil der Winnetou-Trilogie drehte. Die Begegnung verlief offenbar sehr inspirierend, denn schon im Jahr darauf erschien mit Die Goldsucher von Arkansas eine Fortsetzung der Flußpiraten, die Winnetou 1. Teil mehr als nur ein paar Ideen verdankt.

Im Städtchen Marble City in Arkansas betritt ein Mescalero den Saloon und bezahlt seinen Whiskey mit Goldnuggets. Sofort versuchen die gierigen Saloongäste dem Mann den Fundort des Goldes zu entlocken, indem sie ihm ein Glas nach dem anderen einschenken. Aber bevor er sein Wissen offenbaren kann, wird der Verräter von Mescalero-Häuptling Brennender Pfeil (Jan Diviš) erschossen. Nichtsdestotrotz verbreitet sich die Nachricht vom Gold in Windeseile, und ein großer Trek setzt sich Richtung Marble City in Bewegung. Dem Wagenzug schließt sich auch die deutsche Auswandererfamilie Brendel an, die eigentlich auf der Suche nach Farmland ist. Die Goldgerüchte haben den Brendels jedoch kurzzeitig den Kopf verdreht. Als sie kurz vor der Stadt von einigen lokalen heavies belästigt werden, kommt ihnen der Rancher Phil Stone (Brad Harris) zu Hilfe, der sich prompt in Mary Brendel (Olga Schoberová) verguckt.

In der Stadt lässt sich unterdessen der slicke Fiesling Matt Ellis (Mario Adorf) nieder und eröffnet einen Saloon. Von dem Goldrausch erhofft er sich großen Profit und heizt ihn deshalb noch zusätzlich an. Die Mescalero finden das gar nicht lustig und bereiten sich auf einen Krieg vor. Nur Phil Stone und sein Freund McCormick (Horst Frank) sind noch bereit, einen Versuch zur Entschärfung des Konflikts zu unternehmen.

Auch Winnetou 1. Teil beginnt damit, dass ein von Mario Adorf gespielter Schurke erfährt, dass es auf dem Land der Mescalero Gold gibt. Tatsächlich spielt Adorf die Santer-Rolle in Die Goldsucher von Arkansas einfach ein zweites Mal, nur unter anderem Namen. Häuptling Brennender Pfeil ist zwar wesentlich rabiater als sein Kollege Winnetou, aber er trägt ein Kostüm, das dessen charakteristischem Outfit auffällig ähnlich sieht. Und sozusagen als Bonus darf auch noch Ralf Wolter einen vertrottelten Scout darstellen, seiner Rolle als Sam Hawkens in den Winnetou-Filmen entsprechend.

Wie Die Flußpiraten vom Mississippi wurde Die Goldsucher von Arkansas von Wolf C. Hartwigs Firma Rapid-Film produziert, und wie beim ersten Film handelt es sich dem Namen nach um die Adaption eines Romans von Friedrich Gerstäcker. War allerdings schon die Flußpiraten-Verfilmung ein deutlicher Versuch, Gerstäckers Stoff in das Korsett der (allzu verlockend erfolgreichen) Karl-May-Streifen zu quetschen, bleibt in Die Goldsucher von Gerstäcker kaum noch etwas übrig.

Die nominelle Vorlage Die Regulatoren in Arkansas (1846) handelt von einer Bande von Pferdedieben, die in den dichten Wäldern von Arkansas ihr Unwesen treibt und auch vor Mord nicht zurückschreckt.¹ Davon wurde im Film so gut wie nichts beibehalten. Verbindungen zwischen Roman und Film bestehen lediglich durch die Figur des heimtückischen Geistlichen, der im Buch eine zentrale Rolle spielt, während er im Film (gespielt von Dieter Borsche) eine nicht ganz so wichtige Nebenfigur darstellt.² Nur der Handlungsort Arkansas bleibt gleich, das allerdings mit skurrilen Folgen: Die Mescalero leben nunmal nicht in Arkansas, sondern in New Mexico, und ich frage mich schon, was sie aus dem trockenen Südwesten an die Ufer des Mississippi verschlagen hat.

Gerade weil er Gerstäckers Roman weitgehend ignoriert, funktioniert Die Goldsucher von Arkansas für mich etwas besser als der erste Film, der als misslungene Umsetzung einer packenden Buchvorlage vor allem enttäuschend war. Dieser Flick hier ist Standard-Sauerkrautkost ohne große Überraschungen, was Handlung und Figuren angeht. Interessant ist, dass der Film in Böhmen gedreht wurde; selbst die Innenaufnahmen entstanden in einem Prager Studio. Das ist eine nette Abwechslung von den üblichen Eurowestern-Locations in Spanien und Jugoslawien. Musikalisch wartet er mit einem eingängigen Titelsong des deutschen Country-Sängers Ralf Paulsen auf.

Brad Harris und Olly Schoberová, die sich am Set kennen lernten, wurden auch im wirklichen Leben ein Paar. Regisseur Paul Martin, eigentlich für Revuefilme bekannt, verband sein angestammtes Genre und den Western zwei Jahre später in Graf Bobby, der Schrecken des Wilden Westens.

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¹ Die Bande steht in loser Verbindung mit dem kriminellen Imperium der Flusspiraten, um das es im Roman Die Flußpiraten des Mississippi (1848) geht. Da der zweite Roman weitaus bekannter ist, wurde er zuerst als Filmvorlage verwendet.

² Charakteristisch für den Umgang mit der Vorlage ist auch, dass im Film der Geistliche sich nur als solcher ausgibt, also ein gewöhnlicher Betrüger ist. Im Roman betätigt sich dieselbe Figur tatsächlich als charismatischer Erweckungsprediger, ist aber zugleich Seelenfänger, Dieb und Mörder. Diese Symbiose aus Religion und Verbrechen, wie sie Gerstäcker entwirft, ist weitaus interessanter als die Umsetzung der Figur im Film.

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