12.3.25

Untamed (1955)

Deutscher Titel: Die Unbezähmbaren · Regie: Henry King · Drehbuch: Michael Blankfort, Frank Fenton, Talbot Jennings · Musik: Franz Waxman · Kamera: Leo Tover · Schnitt: Barbara McLean · Produktion: 20th Century Fox.

Nach ersten britischen Versuchen unter der Regie von David MacDonald versuchte sich 1955 auch Hollywood an einem in Südafrika spielenden Western. Herausgekommen ist eine Kuriosität namens Untamed, eine Kintopp-Version von Gone with the Wind im Veldt. Regie führte Henry King. Bei der hanebüchenen Story, die Untamed erzählt, will man allerdings kaum glauben, dass es sich um den Regisseur handelt, der für solche Genre-Klassiker wie Jesse James und The Gunfighter verantwortlich war.

Der Bure Paul van Riebeck (Tyrone Power) ist bei dem Gentleman-Pferdezüchter O’Neill (Henry O’Neill) in Irland zu Gast. Er will Pferde für seine Reitermiliz kaufen. O’Neills Tochter Katie (Susan Hayward) findet Pauls brüske Art offenbar anziehend und verliebt sich in ihn. Doch Paul erklärt, dass er keine Zeit für irgendetwas anderes als die Gründung einer unabhängigen Burenrepublik hat, und reist zu Katies großer Enttäuschung ab. Hätte Paul nur mal an einem anderen Ort (einem etwas näher an Südafrika gelegenen vielleicht) Pferde gekauft – ihm und sämtlichen Figuren des Films wäre eine Menge Ärger erspart geblieben.

Squire O’Neill fällt wenig später der Großen Hungersnot zum Opfer. Katie heiratet ihren langweilig-braven Nachbarn Shawn Kildare (John Justin) und wandert mit ihm und der Familienfreundin Aggie O’Toole (Agnes Moorehead) nach Südafrika aus. Während der Überfahrt bekommt sie ihr erstes Kind. Angekommen in Kapstadt, erfährt Katie, dass in den nächsten Tagen ein Ochsenwagentrek, geführt von Simon Hout (Jack Macy), ins Landesinnere aufbricht. Pauls Kommando¹ soll den Trek eskortieren. Sofort überredet Katie ihren Mann und Aggie, sich dem Trek anzuschließen. Am vereinbarten Treffpunkt ist aber von Paul und seinen Reitern, wiederum zu Katies großer Enttäuschung, nichts zu sehen. Dafür hat Kurt Hout (Richard Egan), der Sohn des Trekführers, ein Auge auf sie geworfen. Als ein Zulu-Impi den Trek angreift, werden die Siedler*innen im letzten Augenblick von Paul und seinem Kommando gerettet. Katie ist überglücklich, ihre große Liebe wiederzusehen. Praktischerweise haben die Zulu den nun überflüssigen Shawn während des Angriffs getötet, und der aufdringliche Kurt wird von Paul davongejagt.

Katies Glück ist vollkommen, als sie merkt, dass Paul seinen Traum vom Burenstaat vorübergehend vergessen zu haben scheint. Katie und er lassen sich auf einer Farm nieder. Leider fällt Paul seine patriotische Pflicht gerade dann wieder ein, als Katie zum zweiten Mal schwanger ist, und er macht sich erneut aus dem Staub. Sofort springt Kurt Hout ein und bewirtschaftet die Farm gemeinsam mit Katie. Allerdings stimmen seine Vorstellungen nicht mit ihren überein: Während Katie Kurt als kostenlose Arbeitskraft betrachtet, hat er nach wie vor mehr im Sinn. Ein Gewitter zerstört die Ernte, und Kurt verliert durch einen selbstverschuldeten Unfall sein rechtes Bein. Erneut macht er sich geschlagen davon.

Wegen der ausgefallenen Ernte verlegt Katie sich darauf, ihre aus Irland mitgebrachte Couture an die benachbarten Bantu zu verkaufen, und gerät auf diese Weise an einen Beutel Goldnuggets und einen großen Diamanten. Mit ihren Kindern und Aggie kehrt Katie nach Kapstadt zurück, wo sie dank des erschwindelten Reichtums ein luxuriöses Leben führen kann. In Kapstadt läuft ihr auch Paul wieder über den Weg, der verblüfft feststellt, dass Katie und er einen Sohn haben. Als Paul ihr Vorwürfe macht, ihn nicht über den Nachwuchs informiert zu haben (offenbar übersteigen gewisse Zusammenhänge sein Vorstellungsvermögen), wirft sie ihn aus dem Haus.

Katie verprasst ihr Gold- und Diamantenvermögen und ist erneut mittellos. Wie immer mit Aggie und den Kindern im Schlepptau bricht sie nach Colesberg auf, wo es weitere Diamantenfunde gibt. Unterwegs erfährt Katie, dass Colesberg von einer Bande Gesetzloser eingenommen wurde, die den Bürgermeister ermordet haben. Diese Nachricht bewegt sie allerdings nicht zur Umkehr. Vor Ort stellt sich heraus, dass der Anführer der Gesetzlosen kein anderer als Kurt ist. Paul und sein Kommando greifen an, um die Banditen aus der Stadt zu vertreiben. Kurt nimmt Katies und Pauls Sohn als Geisel, wird aber von Pauls Diener Chaka (Paul Thompson) mit einem Assegai getötet. Jetzt endlich kehrt Paul, dem offenbar die Ausreden ausgegangen sind, mit Katie und den Kindern (und Aggie natürlich, die sich überall hin mitschleppen lässt) auf die Farm zurück.

Sagte ich bereits, dass die Handlung dieses Films völlig hanebüchen ist? Ich habe irgendwann gar nicht mehr mitgezählt, wie oft Katie ihre Existenzgrundlage verliert und wie viele Male Paul und Kurt in ihrem Leben auftauchen und wieder abhauen.

Erwähnt werden muss, dass Untamed mit spektakulären Landschaftsaufnahmen aus Irland und KwaZulu-Natal aufwartet. Leider sind die Hauptdarsteller*innen Hayward, Power und Egan nie in diesen Aufnahmen zu sehen. Lediglich einige Szenen in Kapstadt wurden mit Hayward und Power on location gedreht. Die restlichen Szenen entstanden auf einer Filmranch der 20th Century Fox, der man allerdings auf den ersten (und auch auf den zweiten und dritten) Blick ansieht, dass sie nicht in Südafrika liegt.

Tyrone Power hatte wenig Lust auf diesen Film, war aber aus vertraglichen Gründen verpflichtet, die männliche Hauptrolle zu spielen. Entsprechend lustlos und unglaubwürdig füllt er seinen Part aus. Aufgrund der Tatsache, dass die irischen, burischen und Bantu-Charaktere dieses Films von einem fast durchgängig US-amerikanischen Ensemble gespielt werden, darf man es aber ohnehin nicht so genau nehmen. Denn was macht Powers müde Darstellung angesichts der ganzen Absurdität dieses Streifens schon für einen Unterschied?

Um die kolonialen Verwicklungen, die etwa in Diamond City Thema sind, macht Untamed eher einen Bogen. Pauls burischer Nationalismus wird mit Sympathie dargestellt, aber an keiner Stelle geht der Film darauf ein, was den Konflikt zwischen den Bur*innen und der britischen Kolonialmacht eigentlich ausmacht. Ähnlich verhält es sich mit den racial politics. Die kommen nur am Rande vor, indem etwa den Zulu die Rolle zugeschrieben wird, die in amerikanischen Western die Prärievölker einnehmen. Ihre Aufgabe besteht folgerichtig darin, den weißen Siedlertrek zu überfallen und von der im letzten Moment eintreffenden Kavallerie ... äh, den im letzten Moment eintreffenden Kommandos in die Flucht geschlagen zu werden.²

Gar nicht erst problematisiert wird, wie Katie ihre Bantu-Nachbar*innen bescheißt, indem sie sich ihren Plunder mit Gold und Diamanten bezahlen lässt. Dafür wird ein weiteres Western-Klischee auf südafrikanische Verhältnisse übertragen: Kurt Hout ist stets in Begleitung seiner Liebhaberin Julie (Rita Moreno) – übrigens auch dann, wenn er Katie den Hof macht. Dabei wird Julie von Kurt grundsätzlich wie Dreck behandelt, ist ihm aber treu ergeben. Die Implikation ist wohl, dass Julie zu den Coloureds gehört, also zu dem Teil der Kap-Bevölkerung, der teils burische, teils indigene Vorfahr*innen hat. Der Charakter entspricht dem bekannten Stereotyp der »halfbreed harlot«, der sexuell freizügigen, zugleich hitzköpfigen und unterwürfigen Frau von gemischter Abstammung, wie sie etwa in den frühen Tonfilm-Western von John Ford zu sehen ist.

Mein Fazit: Diesen Ausflug ins Veldt hätte Hollywood besser mal gelassen.

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¹ Kommandos waren mobile, leicht bewaffnete burische Milizen. Von ihnen leitet sich die englische Bezeichnung commandoes für Angehörige einer militärischen Spezialeinheit ab.

² So macht es auch ein späterer Biltong-Western: The Jackals (1967) ist ein südafrikanisches Remake von Yellow Sky, das die im Original vorkommenden Apache durch Tsonga-Krieger ersetzt.

3.3.25

Diamond City (1949)

Deutscher Titel: Männer, Mädchen, Diamanten · Regie: David MacDonald · Drehbuch: Roland Pertwee · Musik: Clifton Parker · Kamera: Reginald H. Wyer · Schnitt: Esmond Seal · Produktion: Gainsborough Pictures.

Die vierziger und fünfziger Jahre waren die Blütezeit des Hollywood-Westerns. Westernproduktionen außerhalb der USA erschienen zu dieser Zeit nur vereinzelt. Die große Eurowestern-Welle begann erst in den sechziger Jahren, als Hollywood sich vom Genre zunehmend abwandte, die Pferdeopern ins neue Massenmedium Fernsehen migrierten und die europäischen Kinos Nachschub aus anderer Quelle brauchten.

Es gab allerdings eine Kinonation, die sich schon in der goldenen Zeit des Westerns nicht mit der US-Dominanz abfinden wollte: Die britische Filmindustrie wollte ihre eigenen Western. Aber wo diese drehen? Weil man mit den former colonies nicht wirklich konkurrieren konnte, verfiel man auf die gegenwärtigen Kolonien. Als Resultat entstand eine Reihe von Filmen, die in den Dominions Kanada, Australien und Südafrika spielen. Sie alle beruhen auf der durchaus gewagten Behauptung, dass das British Empire seine eigene frontier hat. Aber kann das sein? Die gängige Annahme ist ja, dass so etwas wie der Wilde Westen überhaupt nur zustande kommen konnte, weil der rugged individualism der weißen amerikanischen Siedler*innen sich gegen die imperialen Ansprüche der englischen Krone durchsetzte. Wenn das stimmt, (tut es in der Form natürlich nicht, aber dennoch die Frage:) wie soll dann innerhalb des britischen Herrschaftsbereichs so etwas wie die frontier der Western-Mythologie möglich sein?

Wenig überraschend führten die Bemühungen, so etwas wie den Wilden Westen innerhalb der Grenzen des Commonwealth zu finden, zu eher durchwachsenen Ergebnissen. Am erfolgreichsten lief es in Australien. Dort gab es wie in den USA eine weiße Siedlerbevölkerung, die (aus guten Gründen) nicht immer eine hohe Meinung vom kolonialen Mutterland hatte, und auch eine von den Weißen (aus sehr unguten Gründen) als feindselig und vernichtungswürdig empfundene indigene Bevölkerung. Aus diesen Voraussetzungen entstand tatsächlich eine durchgängige Tradition von zunächst britischen, später australischen Filmen, sogenannte Meat-Pie-Western. In letzter Zeit führte diese Tradition sogar dazu, dass der Genozid an den Aborigines in Filmen wie Sweet Country (2017), The Nightingale (2018) und High Ground (2020) dargestellt wurde, auf eine so ungeschönte und erschütternde Weise, dass keine vergleichbare US-Produktion über Native Americans an sie herankommt.

Vielleicht am wenigsten überraschend ist, dass es in Südafrika nicht zu einer solchen Entwicklung kam, dass die Idee eines »südafrikanischen Westerns« letztlich einfach nicht funktioniert. Denn im Vergleich zu Australien oder den USA war Südafrika sehr viel mehr ein klassischer Kolonialstaat. Es bestand kein Interesse daran, die einheimische Bevölkerung vollständig zu verdrängen und ihren Platz einzunehmen. Man wollte sie entrechten und unterdrücken, aber der Grund dafür war, dass man sie als billige Arbeitskräfte brauchte. Unter solchen Bedingungen konnte kein Zustand der Gesetzlosigkeit entstehen, wie er mit der amerikanischen frontier assoziiert wird. Es handelte sich vielmehr um klassische imperiale Ordnungspolitik, die gerade keinen rechtsfreien Raum will, sondern ein System ungleicher Rechte für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen – mit einem Wort: Apartheid.¹

Aber ob er nun funktioniert oder nicht, den Versuch des südafrikanischen Westerns gibt es, und seine Ära umfasst (so weit ich das überblicken kann) in etwa die fünziger und sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Da es meines Wissens noch keinen kulinarischen Namen (analog zum Spaghetti-, Sauerkraut- oder Meat-Pie-Western) für ihn gibt, schlage ich kurzerhand vor, ihn als Biltong-Western zu bezeichnen.

Der erste Film dieser Art ist David MacDonalds Diamond City (1949), eine rein britische Produktion. Darin dreht sich alles um das Diamentenfieber der 1870er Jahre. Ort der Handlung ist das formell unabhängige Gebiet Griqualand West, nördlich des Oranje-Flusses, in dem die Griqua unter ihrem Kapitän² Nicolaas Waterboer dominierten. Griqualand West grenzte im Osten an die Burenrepubliken Oranje-Freistaat und Transvaal, im Süden an die britische Kapkolonie. Beide Mächte beanspruchten das Gebiet für sich, und zwar umso mehr, nachdem 1870 in Klipdrift Diamanten gefunden wurden und eine große Zahl weißer Diamantengräber*innen über den Oranje-Fluss zu strömen begann. Klipdrift wurde zu einer typischen boomtown. Die britischen Glücksritter wollten den burischen Anspruch auf die Diamantenfelder nicht akzeptieren – und schon gar nicht wahrhaben, dass die Griqua irgendwelche Anrechte auf das Land haben könnten. In dieser Situation gelang es einem exzentrischen Engländer namens Stafford Parker, zum Machtbroker zu werden. Indem er die Diamantengräber*innen organisierte und sich sogar zum Präsidenten einer kurzlebigen »Diamond Diggers Republic« ausrufen ließ, bereitete er die Annektion von Griqualand West durch die britische Kapkolonie vor, die 1873 erfolgte.

In Diamond City wird der Konflikt zwischen Parker (David Farrar), den Griqua und den Bur*innen in personalisierter Form erzählt, als Auseinandersetzung zwischen Parker auf der einen Seite und einer (glaube ich) fiktiven Person auf der anderen, dem burischen Händler Hans Muller (Niall MacGinnis). Als Parker von dem Diamantenfund in Klipdrift hört, bricht er sofort aus Hopetown am Oranje-Ufer auf und spricht beim Griqua-Kapitän Jan Bloem (Norris Smith) vor.³ Er überredet Bloem, ihm eine Kommission zu erteilen, derzufolge allein Parker dafür zuständig ist, auf den Diamantenfeldern für Recht und Ordnung zu sorgen. Jeder gefundene Diamant soll registriert werden und ein Anteil an seinem Erlös an Bloem ausgezahlt werden. Hans Muller ist mit diesem Arrangement ausgesprochen unzufrieden. Er zieht es vor, schwarzen Minenarbeiter*innen die Diamanten direkt abzukaufen und sie dafür mit Schnaps zu bezahlen. Mullers Verbündeter unter den Griqua ist Jan Bloems Neffe Piet Quieman (Philo Hauser).

Aber zunächst hat Stafford Parkers System Erfolg. In Klipdrift agiert er als Sheriff und Friedensrichter in einer Person, wobei die Gerichtsverhandlungen im Saloon stattfinden.⁴ Die Stadt zieht immer mehr Menschen an, darunter Parkers Geliebte, die Sängerin und Tänzerin Dora (Diana Dors), die sich gegenüber Parkers Plänen stets leicht skeptisch gibt. Dora bekommt bald Konkurrenz in Person der braven, blonden Missionarstocher Mary Hart (Honor Blackman), die gemeinsam mit ihrem Vater (Mervyn Johns) der Bevölkerung von Klipdrift ihre lasterhaften Sitten austreiben will. Natürlich verguckt sich Parker in Mary und verlobt sich sogar mit ihr. Zu seinem Entsetzen verlangt sie aber, dass er in Klipdrift ein Glücksspiel- und Alkoholverbot erlässt.

Parkers Gegenspieler Hans Muller ist unterdessen nicht untätig. Über Piet Quieman gelingt es ihm, Zugang zu Jan Bloem zu erhalten. Muller legt Bloem dar, dass Parker sich rein gar nicht wie ein Kommissär des Griqua-Kapitäns verhält, sondern einfach tut und lässt, was er will. Das ist nicht mal gelogen. Denn Parker weiß, dass die Eingliederung von Griqualand West in das British Empire kurz bevor steht. Ihm geht es allein darum, in der Zwischenzeit Tatsachen zu schaffen, indem er den burischen Einfluss zurückdrängt und den Interessen der Digger zur Durchsetzung verhilft. Jan Bloem begibt sich mit seinem Gefolge nach Klipdrift, um Parker zur Rede zu stellen. Doch der reagiert mit unverhohlenen Drohungen gegen die Griqua, woraufhin sich Bloem unverrichteter Dinge wieder zurückzieht. Muller dagegen entschließt sich, mit seinen henchmen den offenen Angriff auf Klipdrift zu wagen.

Die historischen Ereignisse, auf denen Diamond City basiert, bieten reichlich Stoff für eine spannende Story. Leider nutzt der Film sie vor allem dazu, um jingoistische Kolonialpropaganda zu betreiben. Dabei steht Stafford Parker als Wegbereiter eines ordentlichen, sauberen Kolonialismus. Sein Kontrahent Muller agiert nicht weniger, sondern anders kolonialistisch. Er bevorzugt zwielichtige Deals in Form von Schnaps und Intrigen. Parker symbolisiert britische Korrektheit, Muller die burische Barbarei. Aus Sicht von Diamond City ist das der entscheidende Unterschied. Wer dagegen nichts zu melden hat, ist die einheimische Bevölkerung: Als Muller Bloem auffordert, sich seinem Angriff auf Klipdrift anzuschließen, lehnt dieser ab. Parkers Drohungen gegen die Griqua haben Wirkung gezeigt. Den Einheimischen bleibt nur, sich passiv zu verhalten, während die weißen Männer um das Land kämpfen.

Parker wird dabei als eine Figur des Übergangs dargestellt. Persönlich entspricht er nicht gerade dem Bild des stocksteifen britischen Kolonialbeamten: Er trinkt, er spielt, er verschafft sich am liebsten unter Einsatz seiner Fäuste Recht. Ihm ist klar, dass in der neuen kolonialen Ordnung, die er selbst herbeiführt, kein Platz für ihn ist. Am Ende des Films wird über Klipdrift feierlich der Union Jack gehisst, der für die Souveränität des Empire steht. Aber Parker nimmt an der Zeremonie nicht teil. Er beobachtet sie aus dem Hintergrund und reitet dann allein über das Veldt davon. Parkers zwei Seiten – als Ordnungsstifter und als  Abenteurer – werden symbolhaft dargestellt in den beiden Frauen in seinem Leben, der viktorianisch-frommen Mary und der selbständigen, überlebenstüchtigen Dora.⁵

Solche Übergangsfiguren gibt es viele im amerikanischen Western: Sie bereiten der weißen Besiedlung den Weg, wohl wissend, dass sie selber in der neuen Welt der Straßen und Städte gar nicht leben können. Deren Tragik geht dem Stafford Parker von Diamond City aber weitgehend ab. Die Idee der unanfechtbaren britischen Weltherrschaft, die er in Griqualand zu etablieren hilft, war schon im Erscheinungsjahr des Films eine anachronistische, ja beinahe lächerliche Vorstellung. Die Tragödie des amerikanischen Westerners, das Verschwinden der frontier, wird zur Farce, wenn man sie auf das Empire zu übertragen versucht.

An der Kinokasse brachte Diamond City – vielleicht folgerichtig – wenig ein. Regisseur MacDonald, selber ein Kind des britischen Kolonialismus, ließ sich davon allerdings nicht beirren. Schon 1951 veröffentlichte er mit The Adventurers einen zweiten Film über den südafrikanischen Diamantenrausch.

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¹ Ein Ausdruck, der natürlich erst mit der Machtübernahme der burisch-nationalistischen National Party 1948 zum offiziellen Regierungsprogramm wurde, dessen Gehalt aber in den (die Rechte der einheimischen Bevölkerung immer weiter beschneidenden) Natives Acts früherer Jahrzehnte vorweggenommen wurde.

² Das afrikaanse Wort kaptein (Kapitän) entspricht in etwa dem englischen chief.

³ Jan Bloems historisches Vorbild hieß, wie bereits erwähnt, Nicolaas Waterboer (ca. 1819–1896).

⁴ An dieser Stelle erinnert die Darstellung Parkers an eine legendäre Gestalt des Wilden Westens, den selbsternannten Richter und Saloonwirt Roy Bean (ca. 1825–1903). Ich weiß nicht, ob Diamond City sich der Ironie bewusst ist, die darin liegt, dass sie Parker in die Nähe des ausgemachten Scharlatans Bean rückt.

⁵ Diana Dors als Dora ist übrigens die Überraschung dieses Films. Obwohl sie während der Dreharbeiten erst 17 Jahre alt war (was man ihr ansieht), spielt sie die Rolle der toughen Saloon-Lady mit einiger Überzeugungskraft.