Regie: Roel Reiné · Drehbuch: Paul Hart-Wilden, Asabi Lee · Musik: Steve Davis · Kamera: Roel Reiné · Schnitt: Herman P. Koerts, Todd C. Ramsay · Produktion: Rebel Entertainment.
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Vier kalifornische College-Studis der Gegenwart machen einen Ausflug in die Geisterstadt Paradise. Die wurde im Zuge des Goldrausches von 1849 gegründet, aber nur ein Jahr später verschwanden ihre Bewohner*innen auf mysteriöse Weise. Kyle (Levi Fiehler), der die Idee zu dem Ausflug hat, will vorgeblich das Geheimnis dieses Verschwindens aufklären. Eigentlich geht es ihm aber um eine Gelegenheit, sich an seine Kommilitonin Jess (Alicia Ziegler) ranzumachen. Sozusagen zur Tarnung überredet er seinen Kumpel Ben (Max Adler), sich der Exkursion anzuschließen. Ben hält dem verklemmten Kyle vor, dass er Jess nicht einfach um ein Date gebeten hat, lässt sich dann aber doch breitschlagen. Zu Kyles Unmut erscheint Jess allerdings nicht allein zur Abfahrt in die Geisterstadt, sondern schleppt ihren Freund Rob (Josh Kelly) an, mit dem sie seit einem halben Jahr liiert ist.
Robs Anwesenheit führt dazu, dass Kyle während der gesamten Fahrt nach Paradise pampig drauf ist und dem ohnehin nur widerwillig anwesenden Ben gehörig auf die Nerven geht. Der versucht darauf, Small Talk mit dem konsternierten Rob zu betreiben, was wiederum Kyles schlechte Laune verstärkt. Jess dagegen versucht, mit aufgesetzter Fröhlichkeit die Stimmung aufzulockern. Beim Betrachter erzeugt das schon nach zehn Minuten den Wunsch, die nervtötenden Vier allesamt einen schnellen und blutigen Tod sterben zu sehen. Leider dauert es aber noch ganze 74 Minuten bis zum Ende des Films, und es gibt eine enttäuschende Überlebensrate von 50 %.
Angekommen in der Geisterstadt, sehen Kyle, Jess und Rob sich den verlassenen Saloon an, während der erboste Ben allein einen Spaziergang unternimmt. Im Saloon finden Kyle und Jess ein altes Tagebuch, das Aufklärung über das Schicksal der Stadtbevölkerung verspricht. Da taumelt Ben, mit blutigen Wunden bedeckt, durch die Schwingtüren in den Schankraum. Er wurde von wilden Wölfen angefallen. Ein Versuch, die Geisterstadt zu verlassen und Ben in ein Krankenhaus zu bringen, scheitert – die Zündkabel von Kyles Cabrio wurden durchtrennt. Handyempfang gibt es in der abgelegenen Gegend natürlich auch nicht. Also wird der schwerverletzte Ben wieder in den Saloon geschleppt, um den herum sich bald die Wölfe einfinden.
Aus dem Tagebuch erfährt Kyle, dass die Leute von Paradise vor 160 Jahren in den Bäuchen des Wolfsrudels endeten. Ein Versuch Robs, zu Fuß aus der Stadt zu entkommen und Hilfe zu holen, scheitert. Ben erliegt seinen Verletzungen. Während Kyle am liebsten in Selbstmitleid versinken würde, findet Rob the Jock eine Kiste Dynamit und will damit den Kampf gegen die unnatürlich schlauen Vierbeiner aufnehmen.
Das alles ist natürlich sehr vorhersehbar, und das weiß auch Roel Reiné, der nicht nur als Regisseur fungiert, sondern auch die wackelige Handkamera bedient. Als erfahrener Macher von billigen Direct-to-DVD-Filmchen weiß er, was zu tun ist: Immer dann, wenn Spannung und Dynamik aufkommen soll, wackelt er einfach noch ein bisschen mehr mit der Kamera herum. Den Rest erledigt das Sound Department, indem es Wolfsgeheul und -geknurre einspielt.
Überhaupt, die Wölfe. Die sehen einfach zu knuffig aus, um bedrohlich zu wirken. Zudem sind nie mehr als vier Tiere zugleich im Bild zu sehen – viel zu wenig, um eine ganze frontier town¹ zu belagern. Und wenn Reiné das Kamerawackeln zwischendurch mal unterlässt, sieht man auch, dass sie Halsbänder tragen. Dann lieber wieder etwas mehr gewackelt, damit die Details nicht so zu erkennen sind. Dennoch werde ich den Verdacht nicht los, dass die Tierchen gar keine echten Wölfe, sondern Hunde sind. Zu oft tragen sie ihren Schwanz eingerollt, während Wölfe ihn normalerweise nach unten hängen lassen.
Ein Film wie dieser legt es mit all seinen Unzulänglichkeiten nahe, als schlichte Trash-Fantasie angesehen zu werden, aber dafür ist Wolf Town wiederum nicht naiv genug. Sein Vulgärfreudianismus kommt sehr explizit daher. Es liegt allzu nahe, dass der quengelige, unentschlossene, von Kastrationsangst geplagte (sein Auto zündet nicht!) Kyle sich insgeheim wünscht, sowohl Ben mit seiner »I told you so«-Attitüde als auch den Nebenbuhler Rob von Wölfen gefressen zu sehen.
Für alle, denen das noch nicht deutlich genug ist, hält Wolf Town am Ende folgende Szene bereit: Kyle zieht dem von den Wölfen ausgeweideten Rob eine Stange Dynamit aus der Jeanstasche. Die Stange fest umklammert haltend, verlässt Kyle mit Jess im Schlepptau die Geisterstadt – und die Wölfe lassen die beiden von da an völlig in Ruhe. Ich denke, man muss kein Psychologiestudium an einem kalifornischen College absolviert haben, um das ein bisschen zu on the nose zu finden ...
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¹ Dafür, dass sie seit 160 Jahren verlassen stehen, sind die Häuser von Paradise übrigens in einem erstaunlich guten Zustand. Und die Tatsache, dass in der Stadt das Wrack eines Traktors vor sich hin rostet, erscheint mir fast noch mysteriöser als die Wölfe.