12.2.24

Santa Fe Trail (1940)

Deutscher Titel: Land der Gottlosen / Land der Verfluchten · Regie: Michael Curtiz · Drehbuch: Robert Buckner · Musik: Max Steiner · Kamera: Sol Polito · Schnitt: George Amy · Produktion: Warner Bros.

Mit dem Santa Fe des Titels hat die Handlung dieses Films kaum etwas zu tun. Statt dessen geht es um die Ereignisse im »Bleeding Kansas«, als es in den Jahren, die zum Amerikanischen Bürgerkrieg führten, im Territorium Kansas zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Gegner*innen und Befürworter*innen der Sklaverei kam. Die Art und Weise, wie Michael Curtiz’ Film diese Ereignisse darstellt, ist allerdings ... speziell. Um es milde auszudrücken.

Nach Ihrem Abschluss in West Point werden die beiden jungen Kavallerieoffiziere Jeb Stuart (Errol Flynn) und George Armstrong Custer (Ronald Reagan) in Fort Leavenworth in Kansas stationiert. Dort führt der militante Abolitionist John Brown (Raymond Massey) einen Guerillakrieg gegen die Anhänger*innen der Sklaverei. Als Stuart und Custer erfahren, wo Browns Versteck liegt, begibt Stuart sich allein in die Höhle des Löwen, um den Abolitionisten zu konfrontieren. Wird er, der schneidige junge Reiterleutnant, Brown von seinem Weg abbringen können? Es ist hier natürlich ein wenig wie bei einem Titanic-Film: Man weiß schon, wie die Geschichte ausgeht – nicht mit einem Eisberg, aber mit dem Sturm auf Harpers Ferry.

In einer Nebenhandlung konkurrieren Stuart und Custer, die beste Freunde sind, um die Liebe von Kit (Olivia de Havilland), Tochter des Eisenbahnmagnaten Cyrus K. Holliday (Henry O’Neill). Natürlich entscheidet sich Kit am Ende für Stuart, denn der wird ja schließlich von Errol Flynn gespielt.

Zwei historische Persönlichkeiten sind also die Protagonisten von Santa Fe Trail. Bei deren Darstellung nimmt der Film sich beträchtliche Freiheiten heraus: Weder waren Stuart und Custer zur gleichen Zeit in West Point, noch kannten sie sich überhaupt persönlich. Ein love triangle mit der Tochter eines Eisenbahnbarons hat es auch nie gegeben. Dass der Film sich diese Freiheiten nimmt, ist aber nicht das Problem, sondern sein gutes Recht. Das Problem ist die Botschaft, die Santa Fe Trail vermitteln will. Die ist ziemlich schlicht und ziemlich deutlich: Stuart, der spätere Südstaaten-General, und Custer, der spätere Nordstaaten-General, hätten ihre wunderbare Freundschaft fortführen können, wenn nicht John Brown (und andere wie er) mit ihrer fanatischen Botschaft der Sklavenbefreiung dazwischen gekommen wären. Brown, der extremistische Agitator, hat die Nation gespalten und ist deshalb schuld daran, dass die beiden lustigen Gefährten Stuart und Custer sich in Gettysburg als Feinde gegenüberstanden.

Es gibt eine bestimmte Sichtweise auf den Amerikanischen Bürgerkrieg, die zwar nicht (oder zumindest nicht vordergründig) der Dixie-Nostalgie huldigt, aber dennoch Geschichtsklitterei ist. Sie besagt mehr oder weniger, dass der Bürgerkrieg ein tragischer Irrtum war. Norden und Süden gehören zusammen, und nur weil verantwortungslose Leute sich haben aufhetzen lassen, konnte es überhaupt so weit kommen, dass Norden und Süden sich entzweiten. Schuld ist allein der (letztlich unamerikanische) Abolitionismus, der in seiner extremen Parteilichkeit einen direkten Angriff auf Recht und Gesetz, auf Ruhe und Ordnung darstellt.

Das Drehbuch von Santa Fe Trail legt Jeb Stuart immer wieder Sätze in den Mund, in denen diese Sichtweise anklingt. Im Film ist Flynn nämlich der unbestrittene Anführer des dynamischen Duos,¹ während die Rolle des jungenhaften Reagan überwiegend darin besteht, dem älteren Flynn beeindruckt zuzuhören.

Auch sonst vermittelt Santa Fe Trail seine Botschaft mit dem Holzhammer. An der Person John Browns lässt er wirklich kein einziges gutes Haar. Immer wieder wird Brown als geradezu besessen dargestellt, und seine Anhänger*innen als naiv und verblendet. Natürlich darf auch eine Szene nicht fehlen, in denen ehemalige Sklav*innen erklären, sie seien gegen ihren Willen von Brown befreit worden und eigentlich viel lieber auf der Plantage geblieben, wo sie ein ruhiges Leben gehabt hätten. Und für die, die es immer noch nicht kapieren wollen, gibt es auch noch einen Auftritt des späteren Konföderierten-Präsidenten Jefferson Davis (Erville Alderson) in einer Szene, die nur existiert, damit Davis als einer von den Guten dargestellt werden kann. Selbstverständlich im Gegensatz zu John Brown, dem alten Schurken.

Nach Dodge City (1939) und Virginia City (1940) ist Santa Fe Trail die dritte Western-Kollaboration mit Errol Flynn als Hauptdarsteller, Michael Curtiz als Regisseur und Robert Buckner als Drehbuchautor. Während Dodge City zum Kanon des klassischen Westerns zählt, ist Santa Fe Trail zum Glück weitgehend vergessen. Er ist auch in ästhetischer Hinsicht einfach nicht sehenswert. Alles verschwindet hinter der plumpen Botschaft. Bemerkenswert ist an Santa Fe Trail eigentlich nur, wie aufdringlich und krampfhaft er sich bemüht, John Brown und sein Anliegen als böse darzustellen. Damit verrät er, ohne es zu wollen, wie unhaltbar seine Position in Wirklichkeit ist.

»If John Brown did not end the war that ended slavery, he began the war that ended American slavery and made this a free republic.«—Frederick Douglass

¹ And he gets the girl, denn er ist Errol Flynn und sie ist Olivia de Havilland.

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