Deutscher Titel: Americano · Regie: William Castle · Drehbuch: Guy Trosper · Musik: Roy Webb · Kamera: William E. Snyder · Schnitt: Harry Marker · Produktion: RKO.
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Sam Dent (Glenn Ford) transportiert drei wertvolle Brahman-Bullen nach Brasilien. Er hat vor, sie an den reichen Viehzüchter Barbosa verkaufen. Mit dem Erlös will er Land für eine Ranch erwerben, auf der er sich mit seinem Bruder (Dan White) und dessen Familie niederlassen will. Doch als Sam in dem Städtchen Boa Vista eintrifft, wo er Barbosa treffen soll, erfährt er, dass dieser ermordet wurde. Sam treibt die Zuchtbullen dennoch weiter zu der Estancia des Toten, denn er hofft, das Geschäft stattdessen mit Barbosas Verwalter Bento Hermany (Frank Lovejoy) abschließen zu können. Der joviale Revolvermann Manuel (César Romero) schließt sich ihm an. Unterwegs werden die beiden zu Freunden, auch wenn Manuels unbekümmerte Art Sam, dem steifen Anglo, manchmal auf die Nerven geht.
Angekommen auf der Estancia in Mato Grosso, findet Sam den Verwalter allerdings bereit, den Deal mit ihm zu machen. Zugleich teilt Hermany ihm mit, dass sein guter Kumpel Manuel niemand anderes als der berüchtigte Bandit El Gato und Barbosas Mörder sei. Doch nach einer Weile dämmert es Sam, dass Hermany nicht nur die Bauern terrorisiert, die sich an den Rändern von Barbosas Land angesiedelt haben, sondern auch einen blutigen Weidekrieg gegen Mariana (Ursula Thiess) führt, die attraktive Besitzerin einer kleineren Estancia in der Nachbarschaft.
Da sollte es Sam doch eigentlich leicht fallen, zwei und zwei zusammenzuzählen: Hermany hat Barbosa umbringen lassen und spielt sich jetzt als Eigentümer von dessen Land auf. Manuel benutzt er als Sündenbock, und Marianas Land will er sich auch noch unter den Nagel reißen. Höchste Zeit also für Sam, sich auf die Seite von Mariana und Manuel zu schlagen und es Hermany heimzuzahlen. Aber weil Sam ja nur seine Bullen verkaufen will, um nach Texas heimkehren zu können, und weil er ein sturer Anglo ist, braucht es noch ein bisschen Zank und Intrigen, bis er endlich so weit ist.
Ähnlich wie The Kangaroo Kid und Untamed funktioniert The Americano nach der Formel »Westernhandlung vor ›exotischer‹ Kulisse«. Dementsprechend schlängelt sich immer mal wieder eine Anakonda durchs Bild, oder ein Tapir steckt seinen Rüssel herein. Auch die Iguaçu-Fälle sind kurz zu sehen. Das Publikum soll ja schließlich begreifen, dass es in Südamerika ist. Allerdings ging es bei der Auswahl des Bildmaterials nicht immer treffsicher zu. Eine Einstellung zeigt zum Beispiel einen Kakadu. Ebenfalls verwunderlich: Obwohl der Film in Brasilien spielt, wird darin nicht Portugiesisch, sondern Spanisch gesprochen.
Eine mögliche Erklärung für diese Eigenheiten ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der RKO-Produktion. Die Dreharbeiten in Brasilien begannen schon im Sommer 1953 unter der Regie von Budd Boetticher, kamen aber aus finanziellen Gründen ins Stocken und mussten im Herbst wegen schlechtem Wetter eingestellt werden. Als es weitergehen sollte, war Hauptdarsteller Ford abgereist und weigerte sich, für den restlichen Dreh erneut nach Brasilien zu kommen.¹ Auch Boetticher stand irgendwann nicht mehr zur Verfügung. Schließlich stellte William Castle, der in den Credits als alleiniger Regisseur genannt wird, den Film im Studio fertig, mit einem neuen Kameramann und neu besetzten Nebenrollen. Im Januar 1955 hatte The Americano dann Premiere.
Ich vermute, dass Castle, der ja nicht umsonst für seine trickreichen B-Horror-Streifen bekannt ist, vor allem mit Hilfe seines Improvisationstalents dafür sorgte, dass The Americano es doch noch auf die Leinwand schaffte. Kein Mitglied des Casts spricht Portugiesisch, dafür können einige Spanisch? Macht nichts, dem größten Teil des Publikums wird das gar nicht auffallen. Ein Kakadu in Brasilien? Egal, wer kennt schon den Unterschied zwischen einem Ara und einem Kakadu. Eine Szene soll zeigen, wie Sam von einem schwarzen Panther angefallen wird. Für die Einstellungen, in denen die Raubkatze mit Glenn Ford (oder seinem Stuntman) tatsächlich in einem Bild ist, wurde der Panther aber durch einen dressierten Hollywood-Puma ersetzt. Der hat natürlich kein schwarzes Fell, aber was macht das schon. Hauptsache, man war wieder ein Stück näher daran, den Streifen endlich ins Kino zu bringen ...
All diese Tricksereien verleihen dem Film einen gewissen Unterhaltungswert, den er wahrscheinlich gar nicht hätte, wenn man aufgrund höherer production values gezwungen wäre, ihn ernster zu nehmen. Mit Boetticher als Regisseur wäre es sicher auch ein ernsthafterer Film geworden, doch die Konturen dessen, was Boetticher vorgehabt haben mag, lassen sich im fertiggestellten Werk kaum noch erahnen. Aus filmhistorischer Sicht ist das vielleicht zu bedauern. Gleichzeitig kann ich nicht umhin, für Castles bricolage, die ihren improvisierten Charakter schließlich gar nicht verhehlen will (es auch nicht kann), Sympathie zu empfinden.
Glenn Ford mag nach dem missglückten Brasilien-Dreh keine große Lust mehr gehabt haben, überhaupt noch in diesem Film zu erscheinen. Das wird aber mehr als wettgemacht durch César Romero, der seine Rolle als Nicht-ganz-Bandit Manuel mit beträchtlichem Charme erfüllt. Und Ursula Thiess als Mariana wird zwar von Sam, dem spießigen Gringo, dafür getadelt, dass sie Männerkleidung trägt und sich gegen Hermanys Landgrabbing aktiv zur Wehr setzt. Aber gerade dafür mag ich sie. Sehens- und hörenswert ist auch Abbe Lane als Manuels Freundin Teresa, die ein von ihrem damaligen Ehemann, dem Bandleader Xavier Cugat, arrangiertes Lied singt – auf Spanisch natürlich.
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¹ Das artete zu einem fiesen Rechtsstreit zwischen Ford und Robert Stillman, dem Produzenten des Films, aus.