Deutscher Titel: Man nennt mich Shalako · Regie: Edward Dmytryk · Drehbuch: J. J. Griffith, Hal Hopper · Musik: Robert Farnon · Kamera: Ted Moore · Schnitt: Bill Blunden Produktion: Kingston Film Productions, Palomar Pictures.
In New Mexico ist eine High-Society-Jagdgesellschaft unterwegs. Sie besteht aus Baron Friedrich von Hallstatt (Peter van Eyck), Gräfin Irina Lazaar (Brigitte Bardot), Sir Charles Daggett (Jack Hawkins) und seiner Frau Julia Daggett (Honor Blackman) sowie dem US-Senator Henry Clarke (Alexander Knox) und seiner hispanischen Frau Elena Clarke (Valerie French). Man schlürft Champagner und knallt Pumas ab. Für das leibliche Wohl sorgen Dienstboten. Ein ganzer Trupp Scouts ist dafür zuständig, den Damen und Herren das erschöpfte Wild direkt vor die Flinte zu treiben.
Innerhalb der blaublütigen Gesellschaft geht es hoch her. Sir Charles ist hoffnungslos verschuldet. Er kann nicht nach Europa zurückkehren, da er sich dort seinen Schuldnern stellen müsste. Also bleibt er im Ausland und lässt sich seinen luxuriösen Lebenswandel vom Baron Hallstatt finanzieren. Als Gegenleistung will er Hallstatt mit Irina verkuppeln. Lady Daggett hat unterdessen ein nicht standesgemäßes Auge auf Bosky Fulton (Stephen Boyd), den Chef der Scouts, geworfen. Senator Clarke kippt gern einen Brandy zu viel und faselt dann davon, wie er 1860 beinahe Vizepräsident der Vereinigten Staaten geworden wäre. Seiner Frau verbietet er, mit den Scouts in ihrer spanischen Muttersprache zu sprechen.
Fulton, der Anführer der Scouts, führt die Gesellschaft direkt in Apache-Gebiet. Es kommt zu einem Zwischenfall, bei dem ein Scout und mehrere Apache getötet werden. Nur das zufällige Eintreffen Shalakos (Sean Connery), eines erfahrenen Westmannes, verhindert Schlimmeres. Der Häuptling (Rodd Redwing) fordert die ungebetenen Gäste auf, sofort zu verschwinden. Hallstatt erwidert hochnäsig, man lasse sich von Wilden keine Befehle erteilen. Shalako bietet der Gesellschaft an, sie sicher aus dem Apache-Gebiet herauszuführen, aber Hallstatt lehnt ab. Er sieht Shalako als ungehobelten Proll an, mit dem sich abzugeben unter seiner Würde ist.
Natürlich kommt es, wie es kommen muss: Apache-Krieger unter der Führung des Häuptlingssohnes Chato (Woody Strode) greifen das Camp der Jagdgesellschaft an und massakrieren die Scouts und Dienstboten. Shalako gelingt es, die Krieger für einige Stunden vom Camp abzulenken. Diese Verschnaufpause nutzt Fulton, um sich mit Lady Daggett und dem Großteil der überlebenden Scouts aus dem Staub zu machen. Nur Buffalo (Red Barry) und Rojas (Julián Mateos), die Shalako von früher kennen, bleiben zurück. Hallstatt sieht den Ernst der Lage ein und stimmt Shalakos Plan zu, die kläglichen Reste der Gesellschaft auf ein wasserreiches Plateau zu führen, das besseren Schutz vor Angriffen bietet.
Shalako ist der erste von drei Filmen des britischen Produzenten Euan Lloyd, die auf Romanen von Louis L’Amour basieren.¹ Lloyd wollte ursprünglich vor Ort im Südwesten der USA (nach anderen Angaben in Mexiko) drehen, befand aber Land und Leute für nicht ›wild‹ genug. Deshalb wich er nach Spanien aus und entschied sich für die Wüste von Tabernas als Drehort. Dort entstand zur gleichen Zeit ein Kriegsfilm, und beide Filmteams mussten während der Dreharbeiten darauf achten, sich nicht in die Quere zu kommen. Die Tatsache, dass es in Almería keine Apache gibt, bereitete Lloyd keine schlaflosen Nächte. Er heuerte spanische Roma an, die die indigenen Krieger darstellen. Die Rolle des Häuptlings besetzte er mit Rodd Redwing, einem bekannten Pretendian aus Hollywood.² Illusion schlägt Realität, das scheint Lloyds Maxime bei der Produktion von Shalako gewesen zu sein.
Für die Hauptrollen des Shalako und der Irina hatte Lloyd zunächst Henry Fonda und Senta Berger im Sinn, die aber nicht zur Verfügung standen. Louis L’Amour schlug als Alternative Sean Connery vor. Der hatte Zeit, da er keine Lust mehr hatte, James Bond zu spielen, und deshalb die Rolle in On Her Majesty’s Secret Service abgelehnt hatte. Von der Idee, in einem Western aufzutreten, war er dagegen sehr angetan. Mit Connery und (in der weiblichen Hauptrolle) Brigitte Bardot wurde Shalako dezidiert als europäischer Film wahrgenommen. In der Tat löste er eine Welle von britischen Westernproduktionen aus, die im Vergleich zu ihren italienischen, deutschen und spanischen Pendants aber vergleichsweise bescheiden blieb.
Überraschenderweise wirkt Connery mit Winchester, Hut und ledernem Jagdrock völlig natürlich, als hätte er nur eine Rolle wie diese darauf gewartet. Auch holt Bond-Kameramann Ted Moore einiges aus der Landschaft von Almería heraus, und die Action-Szenen sind gekonnt inszeniert. Was den Film zu einer Enttäuschung werden lässt, ist das Drehbuch. Als Hauptrollen sind Shalako und Irina viel zu konventionell, um wirklich interessant zu sein: Er ist ein ziemlich gewöhnlicher Wildwest-Macho, und sie ist die Debütantin aus Europa, die ihm so hoffnungslos verfällt, als hätte sie ihr bisheriges Leben lang nur auf ihn gewartet.
Vielversprechender sind die Konflikte innerhalb der aristokratischen Jagdgesellschaft. Deren kleinliche Intrigen, Standesdünkel und Heuchelei werden zu Beginn so sehr herausgestellt, dass ich es kaum erwarten konnte, Woody Strode dabei zuzusehen, wie er sie dezimiert. Peter van Eyck als Baron Hallstatt, der sich und andere aus schierem Hochmut ins Verderben führt, hätte einen wunderbar hassenswerten Antagonisten abgegeben. Was hätte ein italienischer Regisseur wie Sergio Sollima aus der Rivalität zwischen ihm und Shalako machen können! Stattdessen mutiert Hallstatt nach 70 Minuten plötzlich zum Retter in der Not, indem er mit seinen alpinistischen Fähigkeiten der Gruppe dazu verhilft, das schützende Plateau schneller zu erreichen. Auch die Tatsache, dass Irina sich von ihm ab- und Shalako zuwendet, scheint ihm nunmehr gleichgültig zu sein. Die anderen Spannungen in der Jagdgesellschaft lösen sich ebenso ins Beliebige auf: Mrs. Clarke darf dann doch noch mit Rojas, dem mexikanischen Scout, Spanisch sprechen. Bleibt das Eifersuchtsdrama zwischen Fulton und den Daggetts, das dadurch gelöst wird, dass Lady Daggett von den Apache getötet wird und Sir Charles und Fulton sich gegenseitig erschießen.
Und es bleibt Chato als primärer Antagonist. Der betont immer wieder, dass er die lästigen weißen Eindringlinge allesamt ins Jenseits befördern will. Recht hat er ja, und fast bis zum Schluss des Films geht er auch tatkräftig ans Werk. Aber nur fast, denn am Ende fordert er dann völlig unvermittelt Shalako zum Zweikampf heraus und erklärt, dass die belagerten Weißen abziehen dürfen, wenn Shalako den Zweikampf gewinnt. Eine ziemlich abrupte Wendung, nachdem der Film zuvor so viel Mühe darauf verwandt hatte, Chato zum erbarmungslosen Verfolger aufzubauen.
Fragt sich: Warum das Ganze? Warum beginnt Shalako mit einer Exposition, die Hallstatt und die anderen upper-class toffs als durch und durch unsympathisch darstellt, nur um diese Prämisse dann einfach aufzugeben? Und eigentlich ist ja auch klar, dass die Jagdgesellschaft im Gebiet der Apache nichts zu suchen hat. Es ist allein ihre Anwesenheit, die Chatos Reaktion herausfordert.
Ich vermute, dass der Film schlicht und einfach vor der Entwicklung zurückschreckt, die der europäische Western Ende der sechziger Jahre genommen hatte. Seit Django wurde das klassische Wildwest-Schurken-Personal (Banditen, Viehdiebe, Comanche) insbesondere in italienischen und französischen Produktionen zunehmend in Nebenrollen gedrängt. Zu primären Antagonisten wurden stattdessen rassistische Großgrundbesitzer, Ex-Offiziere der konföderierten Armee und korrupte Geschäftsleute, Kirchenmänner oder Politiker – Figuren also, die wie die Jagdgesellschaft in Shalako aus der Honoratioren- oder Oberschicht stammen. Aber Shalako will die Konsequenz nicht ziehen, dass eigentlich Hallstatt der Antagonist dieses Films sein müsste. Stattdessen präsentiert er mit Fulton (dem verräterischen Scout) und Chato (dem feindseligen Apache) zwei ›klassische‹ Schurkenfiguren, weiß mit ihnen aber auch nicht viel anzufangen.
So ist Shalako vor allem ein inkonsequenter Film, was sich auch durch das Bardot-Connery-Staraufgebot nicht überspielen lässt. Er funktioniert nach Blockbuster-Logik: Für alle darf etwas dabei sein, so lange es für niemanden kontrovers ist.
¹ Die beiden anderen sind Catlow (1971) und The Man Called Noon (1973).
² Im Kontext der Filmindustrie sind Pretendians nicht-indigene Schauspieler*innen, die sich eine indigene Identität aneignen, um sich auf Filmrollen als Native Americans spezialisieren zu können. Das bekannteste Beispiel eines Pretendians der klassischen Hollywood-Ära ist Iron Eyes Cody (der eigentlich Italoamerikaner war), heute dürfte es Kelsey Asbille sein.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen