Deutscher Titel: Das letzte Kommando / Sein letztes Kommando · Regie: Arnold Laven · Drehbuch: Pat Fielder · Musik: Hugo Friedhofer · Kamera: Alex Phillips · Schnitt: Marsh Hendry · Produktion: Levy-Gardner-Laven.
Geronimo (Chuck Connors) ergibt sich gemeinsam mit den letzten freien Apache der US-Kavallerie und lässt sich ins Reservat San Carlos in Arizona führen. Dort werden ihm und seinen Leuten gleich bei der Ankunft die Pferde abgenommen. Die bräuchten sie jetzt nicht mehr, erklärt der Indianeragent Burns (John Anderson), denn fortan würden sie vom Maisanbau leben. In San Carlos trifft Geronimo seinen alten Kumpel Mangus (Ross Martin), der sich mit den neuen Verhältnissen arrangieren will, und lernt Teela (Kamala Devi) kennen, die im Reservat aufgewachsen ist. Teela liebt Bücher und versucht, unter den Apache eine Art Alphabetisierungskampagne durchzuführen. Sie ist überzeugt, dass die Apache den Respekt der Weißen gewinnen würden, wenn sie Lesen und Schreiben lernen. Geronimo versetzt das alles in eine äußerst missmutige Stimmung.
Seine schlechte Laune ist auch alles andere als unbegründet. Burns lässt sich von dem Makler Kincaide (Joe Higgins) bestechen und gibt das Farmland der Apache zur Weidenutzung durch weiße Rancher frei. Als Gerüchte über Burns’ Korruption unter den Apache die Runde machen, sucht Geronimo den Agenten nachts in seinem Haus auf und nagelt ihm die Hand mit einem Brieföffner auf dem Schreibtisch fest. Anschließend holt er sich mit einer kleinen Gruppe rebellischer Apache, darunter der desillusionierte Mangus, die beschlagnahmten Pferde zurück und flieht nach Mexiko. Teela weigert sich mitzukommen und bleibt im Reservat. Mit der Verfolgung der Apache wird der rassistische Kavallerieoffizier Maynard (Pat Conway) beauftragt, der in Burns’ korrupte Machenschaften verwickelt ist. Es beginnt eine Hetzjagd, denn den Apache mangelt es an Munition und Lebensmitteln. Doch ihr Kampfeswille ist ungebrochen.
Auf dem Weg nach Mexiko beobachtet Geronimo eine weiße Siedlerin (Nancy Rodman), die ihren Sohn anhält, seine Schreibübungen zu machen. Das erinnert ihn an Teela und bringt ihn auf die Idee, eine bürgerliche Kleinfamilie zu gründen. Er schleicht sich ins Reservat, und diesmal ist Teela bereit, ihn zu begleiten – auf Basis eines Kompromisses: Die Apache sollen frei sein, aber trotzdem Lesen und Schreiben lernen.
John Fords Stagecoach ist vielleicht der beste Western aller Zeiten. Zugleich schrieb er ein fatales Bild Geronimos und der Apache fest: Während die höchst unterschiedlichen Individuen im Innern der dahinrasenden Postkutsche sich im Laufe des Films zu einer solidarischen Gesellschaft zusammenfinden, treten die Apache, die die Postkutsche verfolgen, erst gar nicht als Individuen in Erscheinung. Sie sind ein Teil der feindseligen Natur, die die Menschen in der Postkutsche bedroht, nicht anders als der eisige Wind, der Staub und der Wassermangel.
Auch in der Stummfilmzeit gab es schon zahlreiche Produktionen, welche die Indigenen Nordamerikas auf ähnliche Weise darstellten. Der älteste erhaltene Western überhaupt, Kidnapping by Indians (1899), zeigt den Versuch indigener Krieger, eine weiße Frau zu entführen. Es ist der erste von hunderten Filmen, in denen weiße Weiblichkeit durch Indigene bedroht wird. Aber die Sache war damals noch nicht ganz ausgemacht, denn auf der anderen Seite gab es indigene Filmemacher wie Edwin Carewe, und auch indigene Leinwandstars wie Red Wing, die eine eigene Perspektive einbringen konnten. Die frühe Tonfilmzeit machte dieser Ambiguität ein Ende. Indigene Figuren, nun (bis auf wenige Ausnahmen) von weißen Darsteller*innen in Redface gespielt, wurden auf die Rollen des namenlosen Feindes, des edlen Wilden oder des unterwürfigen Helfers an der Seite weißer Pioniersfiguren reduziert.
Erst in den fünfziger Jahren regte sich in Teilen Hollywoods das schlechte Gewissen. Es entstanden »Indianerwestern« mit dem Anspruch, das stereotype Bild zu korrigieren – wobei nicht selten negative Stereotypen durch positive ersetzt wurden. Das betraf auch die Casting-Politik. Indigene Charaktere, die Sympathie erregen sollten, wurden mit weißen Publikumslieblingen wie Burt Lancaster, Audrey Hepburn oder Steve McQueen besetzt. Aus heutiger Sicht führt das auch bei solchen Filmen, die es mit ihrer Thematisierung des am indigenen Amerika begangenen Unrechts einigermaßen ernst meinen, zu einem gewissen Cringe-Faktor.
So auch bei Arnold Lavens Film. Die Rolle des Geronimo von einem blauäugigen Irish American wie Chuck Connors spielen zu lassen, ist schon eine ziemlich eigentümliche Entscheidung. Die weibliche Hauptrolle der Teela¹ hingegen wurde mit der britischen Schauspielerin Kamala Devi besetzt, die indische Wurzeln hatte. Wenn es einen Anlass für den »White people, still not knowing what an Indian is after 500 years«-Witz braucht, hier ist er.
Handelt es sich bei Geronimo denn um einen Film, der seine Thematik ernst meint? Es ist schwer zu sagen, nicht nur wegen der Besetzung der Hauptrollen. Einerseits geht der Film, gemessen an den Möglichkeiten des Jahres 1962, ziemlich weit, was die Darstellung der Antagonisten betrifft. Der Indianeragent Burns wird als bigotter Heuchler gezeigt, der mit der Bibel wedelnd die Apache mit frommen Sprüchen traktiert und zugleich Bestechungsgelder annimmt. Die Szene, in der Geronimo ihm die Hand, in der er normalerweise die Bibel hält, mit dem Brieföffner durchbohrt, ist sehr befriedigend. Auch der hasserfüllte Kavalleriehauptmann Maynard kriegt sein Fett weg. Der Dritte im Bunde ist Henry (Claudio Brook), der glattzüngige Store-Betreiber des Reservats, dessen vorzüglicher Darsteller ruhig ein paar Szenen mehr haben könnte.²
Was dem Film bei seinen Schurken gelingt, misslingt ihm auf der Seite des Helden und seiner Geliebten. Geronimo lässt er ständig Sätze sagen, die sehr nach den Werten des liberalen Hollywood klingen, aber nicht gerade nach dem listigen Apache-Strategen, der drei Jahrzehnte lang die mexikanische und die US-Armee an der Nase herumführte. Ausgemacht komisch wird es, sobald Geronimo und Teela ein Paar sind. Ab da verwandeln sich weite Teile der Handlung in eine Art Tarzan-und-Jane-Geschichte, indem etwa Teela ihrem ahnungslosen bon sauvage erklärt, wie menschliche Fortpflanzung funktioniert – sie hat es in einem Buch gelesen. Bei Szenen wie dieser frage ich mich, ob sie nicht auch schon das Publikum von 1962 unwillkürlich zum Lachen brachten.
Am Ende geht im Film übrigens alles gut aus. Geronimos Verfolger geraten unter politischen Druck aus Washington, und ein junger Kavallerieleutnant (Adam West) überbringt einen neuen, besseren Friedensvertrag. Leider lief es in Wirklichkeit keineswegs so versöhnlich ab: Geronimos Leute wurden nach seiner endgültigen Kapitulation nach Florida deportiert, wo viele von ihnen sich mit Tuberkulose ansteckten und starben. Geronimo selber musste, ebenfalls in Florida, eine Haftstrafe absitzen. Dabei wurde er wie eine Ein-Mann-Völkerschau behandelt. Wer immer den berühmten Apache sehen wollte, wurde zu seiner Zelle vorgelassen und durfte ihn anglotzen.
¹ Anders als für Geronimo, Mangus und ihren Verfolger Captain Maynard (der in Wirklichkeit Crawford hieß) gibt es für Teela meines Wissens kein direktes historisches Vorbild. Geronimo war im Laufe seines Lebens mit verschiedenen Frauen verheiratet.
² Geronimo wurde in Mexiko gedreht, und es treten neben Claudio Brook noch weitere mexikanische Darsteller*innen auf, darunter Eduardo Noriega, Armando Silvestre und Mario Navarro.
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