25.1.22

Quinto: non ammazzare (1969)

Deutscher Titel: Quinto, töte nicht / Blutige Dollars · Regie: León Klimovsky · Drehbuch: Manuel Martínez Remís, Dino De Rugieriis · Musik: Piero Umiliani · Kamera: Giuseppe La Torre · Schnitt: Antonio Gimeno · Produktion: Cines Europa, R. M. Films.

Blackie (Alfonso Rojas), Kate (Sarah Ross), Hank (Alfonso de la Vega), Jones (José Luis Lluch), Al (Joe Kamel), Navajo (José Marco), Sucre (Germán Cobos) und Vincent (Gonzalo de Esquiroz) überfallen eine Bank und richten dabei ein Blutbad an. Auf der Flucht bleibt Vincent angeschossen zurück und wird von den Stadtbewohner*innen gelyncht.

Die übrigen sieben Bandenmitglieder verstecken sich in einer zugigen Höhle in den Bergen. Als sie sich ans Aufteilen der Beute machen wollen, entdecken sie, dass das geraubte Geld verschwunden ist. Da sie während des Überfalls identische Masken trugen, verdächtigen sie sich alle gegenseitig.

Die Bürger, deren Geld auf der überfallenen Bank lag, beraten, was zu tun ist. Ein anonymer Fremder bietet an, die Bande für eine Belohnung von 10.000 Dollar aufzuspüren. Die braven Bürger akzeptieren das Angebot, aber nicht ohne festzulegen, dass der Fremde seinen Lohn nur dann bekommt, wenn er auch das geraubte Geld zurückbringt.

Die Bandit*innen verschanzen sich unterdessen in der Postkutschenstation Ghost Valley, die mitten im Nirgendwo liegt. Da sie die Köchin Gladys (Josefina Serratosa) erschossen haben, zwingen sie Bill (Giuseppe Cardillo), einen furchtsamen jungen Reisenden, dem Stationswirt William (Roberto Camardiel) in der Küche zur Hand zu gehen.

Die Bande verbringt ihre Tage damit, Whiskey zu trinken und zum Zeitvertreib den wehrlosen Bill zu quälen. Aber die Luft wird immer dicker und die Bandenmitglieder verdächtigen sich gegenseitig, das Geld unterschlagen zu haben. Nach einer Reihe von mysteriösen Mordanschlägen sind schließlich nur noch Blackie, Kate, Navajo und Sucre übrig. Zugleich beginnt Sucre (scheinbar aus einer Laune heraus), Bill das Schießen beizubringen ...

Quinto hat einen schlechten Ruf, und es gibt vieles, was diesen zu bestätigen scheint: Piero Umilianis Musik nervt mit unbeholfenen Gesangseinlagen. Das Make-up, das einigen Darsteller*innen aufgetragen wurde, sieht unterirdisch aus.¹ Die Dialoge (in der deutschen Synchronisation) sind dermaßen vernuschelt, dass man ihnen stellenweise kaum folgen kann. Überhaupt ist von der psychologischen Spannung, die der Film aufzubauen versucht, nicht immer etwas zu merken, denn der größte Teil des Casts glänzt nicht gerade, was die schauspielerische Leistung angeht.

Dennoch finde ich diesen Film bemerkenswert. Entstanden zu der Zeit, als dem Italowestern längst der kreative Impetus abhanden gekommen war, geht Quinto sehr ungewöhnliche Wege. Das betrifft nicht nur den Whodunit-Plot, bei dem ausgerechnet eine Gruppe von Bankräuber*innen sich gegenseitig des Diebstahls bezichtigt. Der Film wartet außerdem mit einem false protagonist auf. Denn wer annimmt, der schüchterne Bill werde sich am Ende als echter Revolverheld erweisen und die Bande auslöschen, wird enttäuscht werden. Und wer ist eigentlich der Fremde, der die Bande für 10.000 Dollar erledigen will?

Mit Roberto Camardiel ist ein Mitglied des Casts hervorzuheben. In der Rolle des ruppig auftretenden, dabei aber sensiblen Wirts William geht er voll auf. William fungiert als eine Art archetypischer Schatten Bills (man beachte die Namensgleichheit). Beide befinden sich in der Gewalt der Outlaws, aber während Bill ängstlich und zurückhaltend agiert, sucht William, der nichts mehr zu verlieren hat, die offene Konfrontation mit den Mörder*innen seiner Frau Gladys.

Quinto gehört zu den Spaghetti-Produktionen, die mit minimaler italienischer Beteiligung in Spanien entstanden sind. Regisseur León Klimovsky war von Beruf eigentlich Zahnarzt und stammte aus Buenos Aires. In Argentinien gehörte er zu den Pionieren des Amateurfilms. In den fünfziger Jahren ließ er sich in Spanien nieder und etablierte sich als Regisseur von Genrefilmen. Das war zu jener Zeit nicht schwer, denn (der Kulturverachtung des Franquismus sei Dank) lag die spanische Filmkunst darnieder. So konnte ein Seiteneinsteiger wie Klimovsky sich schnell einen Namen machen.

Im Grunde blieb Klimovsky immer ein Amateur, ein Liebhaber des Kinos. Perfektionismus war seine Sache nicht, beim Filmemachen kam es ihm auf den Spaß an. Diese Unbekümmertheit führte mitunter zu recht dubiosen Ergebnissen. Es gibt mehrere Italowestern, bei denen er als Regisseur genannt ist – die tatsächliche Arbeit wurde aber von einem Regieassistenten gemacht. Solche Arrangements hatten den Zweck, Filme als internationale Koproduktionen zu deklarieren, denn für die gab es Subventionen. Man musste dazu ein internationales Team vorweisen – zur Not auch eins, das nur auf dem Papier existierte. Im Fall Klimovskys, des Argentiniers, wurde dies reichlich ausgenutzt. Nichtsdestotrotz konnte er mit einem Streifen wie Quinto (wenn auch unter Einsatz äußerst bescheidener Mittel) zeigen, dass er Filmemacher aus Leidenschaft war.

Interessanterweise enthält Quinto mit seinem isolierten, klaustrophobischen Setting verschiedene Szenen, die eher aus einem Giallo oder einem Horrorfilm als aus einem Western zu stammen scheinen. Horrorfilme machte in Spanien anfangs eigentlich nur Jess Franco. 1968 aber löste Darsteller und Drehbuchautor Paul Naschy mit La marca del hombre lobo, dem ersten Film über den Werwolf Waldemar Daninsky, einen regelrechten Boom aus. 1970 gingen Naschy und Klimovsky eine Partnerschaft ein und realisierten im Laufe des Jahrzehnts acht gemeinsame Filme, die überwiegend dem Horror- und Giallo-Genre angehören. Sieht man sich Quinto an, kann man leicht den Eindruck bekommen, als habe Klimovsky auf eine solche Gelegenheit nur gewartet.

¹ José Marco tritt peinlicherweise in Redface auf.

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